„Das Geheimnis der inneren Erleuchtung und sicheren Führung durch das Unterbewusstsein besteht darin, sich so lange bewusst um die richtige Antwort zu bemühen, bis sie einem plötzlich eingegeben wird.“ Ich warte, was sonst noch alles so kommen mag. Vermutlich hält Dr. Mörph die besten Argumente noch in Reserve. Leider nicht. Es läuft also wieder auf: „Ich denke, also krieg ich!“ hinaus. Oder anders ausgedrückt … : Wer nacheiner hilfreichen Hand Ausschau hält, findet sie am Ende des eigenen Arms.

Also gut: Selbst ist der Mann. Allerhöchste Zeit, den Nutzen des Buchs „Die Macht des Unterbewusstseins“ zu erproben. Da ich in den letzten Tagen ausgiebig die Techniken „Macht durch Denken“, „Der Herr gibt’s den Seinen im Schlaf“ und „Weiß zwar nicht wofür: aber danke!“ trainiert habe, wird es Zeit für eine erneute Feldstudie: Traumfrau finden!

Wie wir gelernt haben, muss man sich zunächst das Objekt der Begierde möglichst plastisch vorstellen. Also rasch zum Kiosk, und eine visuelle Gedankenstütze besorgen! Als Tarnung nehme ich den Hund mit. Das sieht nicht nur niedlich aus, sondern lenkt auch vom Thema ab: Sollte man unterwegs einen Bekannten treffen, wird er kaum auf die Tragetasche mit Pornoblatt achten, wenn ihm ein fremder Hund im Schritt schnuffeln will … Also ab in die Stadt!

Tief in meinem Unterbewusstsein scheint sich eine Blockade gegen Kioske entwickelt zu haben. Jedenfalls traue ich mich nicht, einfach vorm Schmuddelregal stehen zu bleiben und ein XXXtra-Heft zu kaufen. Stattdessen umkreise ich die Bude geduldig, bis der arme Kerl an meiner Seite so oft gepinkelt hat, dass er kaum noch sein Beinchen heben kann.

Schließlich gebe ich mir einen Ruck und bleibe vor der bunten Auslage stehen. Gott, gibt’s mittlerweile viele Brustheftchen. Keine Ahnung, ob die vollbusige „Ich heiße Lisa, niemand ist so nackt wie dieser!“ Dr. Murphys Ansprüchen genügen würde. Auch was genau sie mit „Dieser!“ meint, will sich mir nicht erschließen. Wahrscheinlich eine weitere Novität der Prekariatsgrammatik! Die Folgeseiten offenbaren mir einen Einblick in etwas, was ich gar nicht sehen wollte … die Bildchen sind dabei immerzu mit sabbernden Männerkommentaren garniert. Prinzip verstanden: Hier gibt’s nur falsche Titten und echte Arschlöcher. Nächste Zeitschrift: Das Cover nimmt zur Gänze Lisas Doppel-D-Schwester Anna ein. Unter dem Bild, sprichwörtlich in die Ecke gedrängt, flötet ein 50 Kilo-Gnom durch seinen Porno-Flitzer-Schnäuzer: „Dickes Ding!“ Das ganze erinnert mich an eine Kontaktanzeige: „Heizrippe sucht Heizkissen!“

Hiiiiilfe, wie tief bin ich gesunken?! Da entdecke ich den guten alten Playboy. Immerhin Hochglanz. Auf dem Titel prangt in goldenen Lettern: Wundern über Busenwunder! Ein weiterer Meilenstein moderner Prosa. Egal. Das Ding soll man ja nicht lesen, sondern blättern, solange es sich blättern lässt.

Ich will gerade das Promi-Schmuddelblättchen in mein unschuldiges Körbchen legen, da bemerke ich die abschätzenden Blicke der Verkäuferin. Gott, wie peinlich! Denkt sie, was mein Unterbewusstsein mir einreden würde, über mich jetzt zu denken? Ein unangenehmes Lächeln kräuselt ihre dünnen Lippen. Ja, sie denkt es! Ich laufe rot an, wie ein Teenager, dessen Sexualleben sich bis dato aufs Fahrradfahren beschränkte.

Nicht wichtig! Jetzt gibt´s kein zurück mehr! Mit zum zerreißen gespannten Nerven, aber unerschütterlich in meinen Entschluss, greife ich ins Regal, schreite strammen Schrittes zur Kasse und knall der Verkäuferin selbstbewusst meine Beute auf die Theke: „Schöner Wohnen – Ausgabe 4098: Glückliches Heim für die ganze Familie“.

Ach du Scheiße! Wie ist denn das passiert? Ganz offensichtlich hat mein Unterbewusstsein die Zügel in die Hand genommen: So eine Spaßbremse. Mist.

Da haben wir´s wieder: Ein guter Geist kann den Erfolg im Leben schon außerordentlich behindern. Doch dann wird mir die wahre Tragweite Murphys Worte über „Innere Erleuchtung“ und „Plötzlichen Eingebung“ schlagartig klar: Lisa raus. Familie rein :-)